TARZAN ON MARS

TARZAN AUF DEM MARS


Ein Freund von mir, dessen Identität ich geschworen habe vor Nachforschungen zu schützen, hat eine spannende und höchst aufregende Story gefunden. Deren Ursprünge liegen nun schon sechs Jahrzehnte zurück und die Story zur Story ist beinahe ebenso fantastisch und abenteuerlich wie die Geschichte selber. Mir liegt heute ein Exemplar vor, das besagter Freund in seiner Heimatstadt in einer öffentlichen Bibliothek entdeckt und für mich in Abwesenheit der Bibliothekarin an einem Xerox kopieren konnte.

Nach Durchsicht des Dokuments kann ich sagen, dass der Story eine Rettungsmission zum Mars zugrunde liegt, die der Herr des Dschungels durchführte, um Jane und La zu befreien und zur Erde zurückzuholen. So wie Tarzan am Mittelpunkt der Erde immer meine Lieblingsstory unter der Pellucidar-Reihe gewesen ist, so hätte dieses Abenteuer vom geistigen Vater Ed Burroughs geschrieben, einer der aufregendsten und denkwürdigsten sein können. So ist und bleibt es einer der meist umstrittenen Bücher in der Welt von Burroughs und seinen geliebten Helden.

Nach meinen Recherchen begann die Entstehung dieser besonderen Geschichte mit einem buckeligen Zwerg namens Namen Raymond A. Palmer, auch Rap genannt. Er war der Impresario von Stuart J. Byrne, der unter dem Pseudonym John Bloodstone die unglaubliche Geschichte von 'Tarzan auf dem Mars' im Jahre 1954 geschrieben hat.

Der höchst populäre Rap war zeitlebens ein Fan von Edgar Rice Burroughs, hatte auch mit ihm selbst zusammengearbeitet und die letzten Bücher des Autors der Reihen Venus, Mars und Pellucidar in Amazing Stories Magazine veröffentlicht. Der Tod von Ed im Jahre 1950 hatte eine große Lücke auch im Herzen Palmers und auf den Seiten seines Magazins hinterlassen. Er konnte nicht lassen von der Idee, weitere Abenteuer von Tarzan und John Carter zu lesen. Für die damalige Zeit war es zwar eine unerhörte Praxis, Berufsschreiber zu engagieren für Geschichten, die im Stile eines verstorbenen Autoren verfasst wurden. Was aber lag für Rap näher, als Burroughs zwei populärste Helden in einer einzigen Storyline agieren zu lassen und dessen Titel ‘Tarzan auf dem Mars’ sein sollte.


Als Raymund A. Palmer das Manuskript von Byrne liest, war seine Reaktion der Artikel ‘Tarzan Never Dies’ in ‘Other Worlds Science Stories’ Ausgabe November 1955. Dieser Artikel verfehlte nicht seine Wirkung und einige Dinge passierten. Studios in Hollywood wurden aufmerksam und selbst Ray Bradbury, ein anerkannter Burroughs Fan und Sammler der ersten Stunde, brachte Stuart J. Byrne gegenüber seine wohlwollende Anerkennung zum Ausdruck. Palmer’s Einschätzung, die Story hätte ein weltweites Auflagen-Potential in der Größenordnung von 20.000 Exemplaren, verfehlte auch nicht seine Wirkung.

Tarzan on Mars gibt es auch als Nkima Chat

Aber da gab es ein Problem! Ohne die Zustimmung der ERB Inc., die alle Rechte an den Werken hielt, war eine Veröffentlichung von Tarzan on Mars unmöglich! Für die Lizenz zur Veröffentlichung bot Palmer der ERB Inc. eine 25-Prozent-Vergütung an. Das hätte dann einen exklusiven Vertrag bedeutet, wie ihn der Herausgeber Del Rey Books und der Autor Phil Jose Farmer einen hatten.


An diesem Punkt drehte Hulbert Burroughs aber den Daumen nach unten und erklärte, sein verstorbener Vater bräuchte keinen Nachfolger. Die Vergabe einer Lizenz wurde abgelehnt und das Manuskript von ‘Tarzan on Mars’ wanderte ins ERB Museum.


Nun waren Palmer und Byrne festgenagelt. Da saßen sie mit ihrer Story und wohlmöglich auf einer buchstäblichen Goldmine. Der Meister war auferstanden, ein neuer Burroughs, dem die klassische Abenteuer neues Leben einhauchten. Aber da war der Brief der ERB Inc. mit der Absage. Dem tollen, atemberaubenden, sensationellen Abenteuer wurde die Veröffentlichung vorenthalten. Welche eine Tragik.


Seitdem existierte der Roman mehr oder weniger im Untergrund und lebte nur von der Neugierde der Fans. Trotz der vielen Jahre hat er sich geweigert zu sterben und wartet auf den Tag, an dem er wie ein Phönix aus der Asche auferstehen würde.


Über das Schicksal der ersten Original-Manuskripte haben sich Sammler und Fans später so ihre Gedanken gemacht. Man geht davon aus, dass Byrne wahrscheinlich ursprünglich nur wenige einfache Kopien des Romans hatte drucken und binden lassen. Eine Kopie davon ging an Palmer, die zweite an die ERB Inc. und die dritte an Stan Vinson, einem legendären Burroughs-Fan.


Laut SF-Autor Michael Resnick, produzierte Vinson noch in den 1950ern zehn Exemplare einer Limited Second Edition. Ein Exemplar gelang in die Hände eines anderen Sammlers, Tim Conrad, der eine dritte Edition mit einer Auflage von 25 Exemplare drucken ließ. Es kam letztlich eine kuriose Entstehungshistorie zustande und auch die Qualität der Story sollte nicht unumstrittenen bleiben.


Viele Fans nahmen die Story mit Begeisterung auf, andere hingegen … na ja, manche meinen es wäre so, als ob man mit großen Erwartungen hinab in einen Weinkeller steigt und nur eine alte Flasche Ginger Ale findet. Aber da sollte sich jeder seine Meinung selber bilden.


Es ist an der Zeit die Ereignisse in ‘Tarzan auf dem Mars’ ein klein Stück weit zu lüften bzw. einen Einstieg zu öffnen.


Die Geschichte beginnt mit schrecklichen Ereignissen in der von verfallenen Mauern umgebenen Goldstadt Opar. Dort droht der wunderschönen La, Hohepriesterin der Sonnenanbeter, große Gefahr in Gestalt des tierhaften, plumpen Priesters Cadj, der sie zur Ehe mit ihm zwingen will. Um diesem furchtbaren Geschick zu entkommen, flieht La durch die Tunnel und Gewölben der Ruinenstadt Opar. Auf ihrer Flucht gelangt La in eine geheimnisvolle Kammer und entdeckt ein Juwel mit unwiderstehlicher Anziehungskraft. Mit der Schnelligkeit eines Gedankens wird La durch die Unermesslichkeit des Weltalls auf den Mars gezogen. Die Oparier glauben, dass das Juwel und die Götter für das Verschwinden von La verantwortlich sind. Ein Trupp zieht aus, um das Juwel Tarzan zu bringen und ihn zu bitten, ihnen ihre Hohepriesterin wieder zurückzubringen. Fatalerweise findet Jane das von Tarzan auf deren Anwesen zurückgelassene Juwel und wird wie zuvor La auf gleichfalls magische Weise auf den Mars gezogen.


Nach den Ereignissen im Reich des Herrn des Dschungels führt die Storyline zum Mars, wo Tario, Jeddak von Lothar, der vergessenen Stadt, ausgezogen war, um die Herrschaft über ganz Barsoom zu erringen. Dazu brauchte er Verbündete, die fand er in Sardon Dhur, Führer der in Ungnade gefallenen Therns, und in Zithad, dem schwarzen Prinzen und Dator der Erstgeborenen.


Selbstverständlich stand ihnen bei ihrem Vorhaben John Carter im Wege und die Pläne würden sich ohne weitere Verstärkung nicht verwirklichen lassen. Also warben sie die fremdartigen Männer von Tarnath an. Diese haben die besondere Fähigkeit, durch die Zeit sehen zu können …


Nun, die Geschichte war vergleichbar mit dem Öffnen der Büchse der Pandora. Eine Fülle von Ideen wartete darauf umgesetzt zu werden. Bestimmte Fäden in Burroughs Tarzan- und Mars-Reihen waren nie aufgelöst worden, ebenso die Mysterien La von Opar und der Issus-Kult auf Barsoom. Auch war es eine Herausforderung, das Schicksal von Jane Clayton mit einzubinden in das Abenteuer. In ‘Tarzan on Mars’ fehlte aber immer noch ein Ende. Dabei hatte Stuart J. Byrne in dem an Raymond A. Palmer gerichteten kurzen Begleitschreiben zum Manuskript zwei Varianten eines Ende der Story von 'Tarzan auf dem Mars' vorgeschlagen. In der ersten Variante würde die unvollendete Story ein gutes Ende finden. Die zweite Variante wäre der Übergang zu einer Serie.


Das 32. Kapitel sollte erst viel später in einer seltenen Buchausgabe auf einem Dum-Dum-Kongress präsentiert werden. Laut Quelle mit folgenden Angaben:


Richard C. Spargur

THE LOHAE PRESS,

Publishers, Dayton, Ohio

2001


Von Paul McCall stammen die Illustrationen. Enthalten das 32. Kapitel, welches den von Byrne alias John Bloodstone unvollendeten Roman abschließt. Die Identität des Autors, der das Kapitel 32 'Jane' verfasste, bleibt wohl auf immer im Saum der Geschichte verborgen.


Kapitel 32 ‘Jane’  

Tarzan rettet Jane aus den Händen von Zithad und Sardon Dhur und sorgt für die gerechte Verurteilung der beiden Verschwörer. Bevor Tarzan und Jane mit einem von Carthoris zur Verfügung gestellten Raumschiff zu Erde zurückkehren, nehmen sie noch einmal Kontakt mit Jason Gridley auf und treffen auch auf La. Dabei wird das ewige Geheimnis um La am Ende gelüftet. Es ist kein Fluch, sondern La erweist sich unzweifelhaft als eine Mars-Frau. Hoch oben im Sonnentempel, hinter dem Meer von Korus, zeigt sie Tarzan und Jane ihr neuer ganzer Stolz in einem Brutkasten - es ist ein Ei.